Fast 40% des Energieverbrauchs wird in Österreich in Wohngebäuden, in Bürohäusern und für Dienstleistungen wie Friseure, Wirtshäuser oder für das Kleingewerbe wie Tischlereien, Bäckereien oder Autowerkstätten ver wendet. Für das Wohnen brauchen wir ein Viertel (oder 25%) unserer Energie. Dienstleistungen und Kleingewerbe benötigen nur 13% und damit weniger Energie als das Wohnen.
In Häusern wird fast überall Energie gebraucht: Für die Beleuchtung, für Haushaltsgeräte, zum Kochen, für Computer oder für die Unterhaltung. Aber auch fürs Heizen und das Warmwasser brauchen wir Energie. All dieser Energieverbrauch wird als Betriebsenergie eines Gebäudes bezeichnet.
Aber nicht nur der Betrieb von Häusern benötigt Energie: Auch für das Bauen von Gebäuden, für jeden Umbau und das Abreißen von Gebäuden ist Energie notwendig, die die Baumaschinen, Bagger oder Transportfahrzeuge brauchen. Und nicht zuletzt steckt in jedem Ziegel oder anderem Baustoff jene Energie, die für die Herstellung der Baustoffe verwendet wurde. Diese Energie wird oft »graue Energie« genannt, weil auf den ersten Blick nicht erkannt werden kann, wie viel davon in einem Baustoff steckt.
Die Betriebsenergie eines Gebäudes wird gemessen und muss mit der Strom- oder Gasrechnung bezahlt werden. Im Unterschied dazu ist die »graue Energie« versteckt. Sie kann von uns nicht direkt gemessen werden. Nur Wissenschaftler oder Wissenschaftlerinnen können die »graue Energie« berechnen. Dafür müssen sie ganz genau wissen, wie die Gegenstände hergestellt wurden und wie sie normalerweise wieder entsorgt werden. Und das herauszufinden ist oft sehr schwierig oder gar unmöglich.
Unsere Häuser bestehen aus Baustoffen; und zwar aus einer sehr großen Menge. Alle Häuser, die während eines Jahres in Österreich neu gebaut werden, sind genauso schwer wie alleDinge, die in Österreich während eines Jahres hergestellt oder verwendet werden. Die in den Häusern verbauten Materialien wiegen genauso viel wie alle Spielsachen, Fernseher, Nahrungsmittel, Möbel, Computer, Telefone in Österreich. Du siehst: Bauwerke brauchen nicht nur sehr viel Energie, sondern jedes Jahr auch sehr viele Rohstoffe.
Für die Umwelt sind die Gebäude am besten, die am wenigsten Energie verbrauchen und gleichzeitig sparsam mit Rohstoffen umgehen.
Die meisten Häuser sind richtige Energiefresser. Man unterscheidet zwischen der Energie, die für den Betrieb von elektrischen Geräten gebraucht wird und jener Energie, die für die Heizung und das Warmwasser benötigt wird. Wenn wir den Energieverbrauch von unterschiedlichen Häusern und Wohnungen vergleichen wollen, muss man dabei die Gebäudegröße berücksichtigen. Deswegen berechnet man den Energieverbrauch pro Quadratmeter: Dafür teilt man den gesamten Energieverbrauch einer Wohnung oder eines Hauses (gemessen in Kilowattstunden) durch die Größe des Gebäudes oder der Wohnung.
Ein Haus ohne Wärmeschutz, das 30 Jahre oder älter ist, verbraucht nur fürs Heizen ca. 200 Kilowattstunden und mehr pro Quadratmeter. Ein etwa 15 Jahre altes Haus braucht nur die Hälfte davon. Seit etwa 10 Jahren gibt es das Niedrigenergiehaus. Das braucht nur ein Viertel der Heizenergie von alten Häusern; nämlich rund 45 Kilowattstunden pro Quadratmeter.
Heute kann man sogar Häuser bauen, die noch weniger Energie verbrauchen; nämlich maximal 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Ein solches Haus nennt man Passivhaus. Es nutzt für die Heizung und das Warmwasser die Sonnenenergie, Erdwärme, die Geräte und Lampen im Haus und auch die Menschen, die darin leben oder arbeiten. Das gelingt, weil das Passivhaus luftdicht gebaut und mit einer dicken Isolierung versehen ist. Für frische Luft im
Innern sorgt eine Lüftungsanlage. Diese wird im Winter manchmal auch zum Heizen und im Sommer für die Kühlung des Gebäudes verwendet.
Forscher und Forscherinnen entwickeln nun schon die ersten Plusenergiehäuser. In solchen Gebäuden wird mehr Energie produziert als für den Betrieb des Gebäudes benötigt wird. Damit wird jedes Haus zu einem kleinen Kraftwerk.
In den letzten 30 Jahren hat sich die Art wie Häuser gebaut werden können, sehr stark entwickelt. Ein Passivhaus verbraucht weniger als ein Zehntel der Heizenergie von einem alten Haus. Das schont die Umwelt!
Der Energieverbrauch deiner Wohnung ist leicht zu ermitteln
Ein Passivhaus braucht deshalb so wenig Energie fürs Heizen, weil es:
Für die Beheizung eines Passivhauses sind keine eigenen Heizkörper wie in normalen Wohnungen mehr notwendig. Das geht deshalb, weil es eine energiesparende Lüftungsanlage gibt, bei der kalte Frischluft vorgewärmt wird. Für diese Vorwärmung verwendet man auch die nach außen strömende »alte Luft«. Die Maschine, die dafür verwendet wird, nennt sich »Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung«. Oft wird auch die Erdwärme mit einem Wärmetauscher für diese Lüftungsanlage genutzt. Für die Erwärmung des Warmwassers werden gerne Solarkollektoren verwendet.
In Österreich wurden in den letzten Jahren so viele Passivhäuser gebaut, wie nirgendwo anders. Bezogen auf die Größe unseres Landes und die Bevölkerungsanzahl sind wir in dieser Klimaschutzdisziplin eindeutig Weltmeister! Passivhäuser gibt es zum Wohnen, als Kindergärten und Schulen, aber auch in Form von Bürobauten und Veranstaltungsgebäuden. Oft wird gemunkelt, dass Passivhäuser »seltsam ausschauen« und irgendwie nicht in die Landschaft passen. Dass dem nicht so ist, zeigen die zahlreichen Beispiele, die bereits gebaut wurden. Hier nur einige Beispiele:
In Ziersdorf in Niederösterreich wurde der 1. Passivhauskindergarten Österreichs errichtet. Der Kindergarten bietet Platz für vier Kindergartengruppen. Das Projekt ist ein besonders gelungenes Beispiel für einen modernen Kindergarten. Die Gruppenräume sind direkt an den großen Garten und an den Spielraum im Freien angebunden. Große Fensterflächen bringen an ge nehmes Licht in die Innenräume. Die Energiekosten sind sehr niedrig. Die Luft im Inneren ist sehr gut. Hier stinkts nicht, auch wenn 80 Kinder richtig Gas geben.
Die »Polytechnische Schule« in Schwanenstadt ist die erste Schule Österreichs, die von einem normalen Schulbau in eine Passivhaus-Schule umgebaut wurde. Die Klassenzimmer sind Wohlfühlräume für Schülerinnen und Schüler sowie den Lehrkräften. »Stinkige« Klassenzimmer gehören der Vergangenheit an. Durch die kontrollierte Be- und Entlüftung des Passivhauses gibt es immer Frischluft mit angenehmer Temperatur im Sommer und im Winter. Aber auch sonst hat die Schule vieles zu bieten: Turnsaal, Aula und großzügige Gänge sind mit Tageslicht durchflutet, der oft zähe Schulalltag wird deutlich aufgehellt.
Beim Passivbürohaus in Tattendorf wurde zusätzlich zum niedrigen Energieverbrauch auch bewusst auf die Auswahl der Baumaterialien geachtet: Das gesamte Gebäude ist aus Holz und Lehm errichtet. Lehm ist ein uralter Baustoff, der immer mehr in Vergessenheit geraten ist. Dabei hat Lehm extrem gute Eigenschaften fürs Bauen: Trockene Luft im Winter gehört der Vergangenheit an, da Lehm besonders gut die Raumfeuchte beeinflusst.
Der Wohnbau in der Uttendorfgasse in Wien wurde zu extrem niedrigen Kosten in Passivhausqualität errichtet und unterscheidet sich äußerlich nicht wesentlich von anderen Wohnbauten in Österreich: Wohnungen zwischen 60 und 100 Quadratmetern mit Balkonen und Garten. Den Unterschied macht der Passivhausstandard mit kontrollierter Be- und Entlüftung aus. Dadurch sparen die Bewohnerinnen und Bewohner jedes Jahr viel Geld für die Heizkosten (nur mehr rund 100 Euro pro Jahr statt 700 Euro und mehr).
Die umfangreichste Sammlung von Passivhäusern gibt es im Internet unter: www.igpassivhaus.at
Energiebedarf in Wohnhäusern fürs Heizen
Bei einer 100 Quadratmeter großen Wohnung mit Gasheizung bedeutet dies jährliche Heizkosten von …
Quelle Berechnung:Tarifrechner der e-control; www.e-control.at Berechnung am 16.12.2008, Preise für Wien Energie; Privat Gas Optima ohne Rabatte
Bau 70er Jahre: 1.470 Euro | ||||||
Bau 80er Jahre: 780 Euro | ||||||
Niedrigenergiehaus: 390 Euro | ||||||
Passivhaus: 180 Euro |
Beginnend bei der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung der Baustoffe in den Fabriken bis hin zum Einbau ins Gebäude wird Energie benötigt. Wird ein Gebäude nicht mehr gebraucht, dann muss für den Abbruch und die Entsorgung der Baustoffe wieder Energie aufgewendet werden. Je mehr Energie im Baustoff steckt, desto mehr wird das Klima belastet. Und je mehr Rohstoffe eingesetzt werden, um einen Quadratmeter Wohnfläche zu erhalten, desto mehr wird auch die Umwelt belastet.
Baumaterialien aus »Nachwachsenden Rohstoffen« (NAWAROS) belasten die Umwelt meist weniger, als Baustoffe, die chemisch hergestellt werden oder aus mineralischen Stoffen wie Stein, Sand, Beton oder Ziegel bestehen. Und sie wachsen auch wieder nach.
Aber Vorsicht: Auch nachwachsende Rohstoffe müssen ausreichend verfügbar sein. Es bringt zum Beispiel nichts, plötzlich alle Wälder abzuholzen. Da gilt wie überall anderswo in der Nachhaltigkeit: Umso weniger benötigt wird, desto besser.
Mineralische Baustoffe werden in Österreich gerne verwendet, da sie meistens auch regional verfügbar sind. Je kürzer der Transport zur Baustelle ist, desto vorteilhafter wirkt sich das auf die Umwelt aus. Die aus Umweltsicht besten Baustoffe sind regional verfügbar und benötigen wenig Energie in der Herstellung und Entsorgung.
Für die Umwelt ist es gut, wenn Gebäude wenig Energie und Rohstoffe verbrauchen. Das betrifft die eingesetzten Baustoffe aber auch den Flächenverbrauch. Was versteht man unter Flächenverbrauch? Darunter wird jene Fläche verstanden, die insgesamt für die Errichtung von Wohnhäusern notwendig ist. Da muss aber aufgepasst werden, denn dabei handelt es sich nicht nur um die eigentliche Fläche für das Wohnhaus oder gar nur um die eigene Wohnung. Zusätzlich zum Wohnhaus brauchen wir beispielsweise noch folgende Flächen:
Fürs Wohnen selbst hat sich der Flächenverbrauch in den letzten 30 Jahren verdoppelt: Brauchten wir in Österreich im Jahr 1971 noch durchschnittlich 22 Quadratmeter pro Person, so sind es im Jahr 2001 schon 38 Quadratmeter! Insgesamt beträgt der Flächenverbrauch für Wohnen, Straßen, Fabriken usw. in Österreich täglich 17 Hektar. Das ist so viel wie 19 Fußballfelder. Innerhalb eines Jahres verbauen wir somit eine Fläche von rund 7.000 Fußballfeldern.
Der Flächenverbrauch wird nur dann geringer werden, wenn ähnlich wie bei der Abfallwirtschaft das »Recycling« von Flächen vorangetrieben wird. Das geht beispielsweise durch die Weiterverwendung von bereits bestehenden Wohngebäuden oder von nicht mehr benötigten Industrieflächen.
Durchschnittliche Wohnnutzfläche pro Einwohnerin oder Einwohner:
Täglicher Flächenverbrauch in Österreich heute: